"Die Geschichte von Eurydike ist mißverstanden worden. Die Geschichte handelt eigentlich von der Einsamkeit des Todes. Eurydike ist in ihrem Totenhemd in der Hölle. Sie glaubt, Orpheus liebe sie genug, um sie retten zu kommen. Doch am Ende ist Orpheus' Liebe nicht stark genug. Orpheus läßt die geliebte Frau zurück und kehrt zum eigenen Leben zurück. Die Geschichte von Eurydike erinnert uns daran, das wir vom Augenblick unseres Todes an alle Macht verlieren, unsere Gefährten zu wählen. Wir werden davongerissen zum uns bestimmten Schicksal; an wessen Seite wir die Ewigkeit verbringen werden, können wir nicht bestimmen."
J. M. Coetzee, Tagebuch eines schlimmen Jahres, 172

Sterbend falle ich in eine absolute Machtlosigkeit, hilflos bin ich allem ausgeliefert, was mit mir geschieht. Ohnmächtig erfahre ich, wie ich jeden und alles verliere. Der Tod ist der absolute Verlust, dessen Vorzeichen auch jeder Verlust im Leben war. Keine Liebe ist so stark, dass sie diesen Verlust aufhalten kann und den Tod bezwingt.



Coetzee, J. M.: Tagebuch eines schlimmen Jahres. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 2010