"Der Mensch trägt dieses Gefühl seines Lebens mit sich fort, ohne es mit jemandem geteilt zu haben. Das Wunder des einzelnen, besonderen Menschen, in dessen Bewusstsein und Unterbewusstsein alles Gute und Böse, alles Lustige, Liebe, alles Schändliche, Traurige und Peinliche, alles Zärtliche, Scheue und Wundersame aufgespeichert ist, das er von der Kindheit bis ins Alter erlebt hat – es verschmilzt zu dem stummen, verborgenen einsamen Gefühl dieses einen Lebens."
Wassili Grossman, Leben und Schicksal, 661

Ein Mensch ist eine einzigartige Mischung aus Erlebtem, Erinnerungen, Wünschen, Ängsten, die ihm das Gefühl seiner Besonderheit vermitteln. Doch dieses Gefühl kann er anderen nicht mitteilen, weil es sich ihm selbst entzieht. Es ist quasi sein Begleiter, der für ihn eine unüberschreitbare Einsamkeit formt, die ihn von anderen und auch von sich selbst trennt. Insofern verweigert sich das Eigene auch jedem übergreifenden Ganzen, einer Schließung in einer Totalität.



Grossman, Wassili: Leben und Schicksal. Roman. Berlin: List Taschenbuch, 2008