"Je länger eine Freundschaft besteht, desto weniger Anlaß hat sie. Es ist, als verbrauche sich der Freundschaftsstoff im Lauf der Zeit. Oder: Je genauer man einen anderen Menschen kennenlernt, desto weniger kann man mit ihm befreundet sein. Kenntnis tut keiner Beziehung gut."
Martin Walser, Angstblüte, 447

Was ist der »Freundschaftsstoff«, der eine Freundschaft am Leben hält? Sicher die Fremdheit des Anderen, die einen neugierig macht. Auch seine Offenheit für das, was ich als mein Eigenes an ihn herantrage. Und seine Fähigkeit, sich zu verwandeln, etwas Neues in sich entstehen zu lassen. Und in allem eine Resonanz, aufeinander zu antworten in dem, was einem wichtig ist, füreinander aufmerksam zu sein, einander zuhören zu können.



Walser, Martin: Angstblüte. Roman. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2006