"Eine Liebkosung erregt, sie überreizt, die Distanz gräbt sich zwischen Hand und Haut, in jeder Liebkosung lauert ein Schmerz, sich nie ganz und gar vereinigen zu können; die Liebkosung ist ein Missverständnis zwischen einer Einsamkeit, die nach Nähe sucht, und einer Einsamkeit, die nach Nähe verlangt, aber das funktioniert nicht. Je mehr man sich bemüht, um so weniger erreicht man, man glaubt einen Körper zu liebkosen, aber man verwundet ihn nur... (...)
Arme kleine Wollust, die die Körper trennt, Wollust, die entzweit. Ende der Liebe. Jeder rollte auf seine Seite des Betts, wieder der Kälte ausgesetzt, der Wüste, dem Schweigen, dem Tod. (...)
Die Lust ist nichts weiter als ein Schiffbruch an der eigenen Einsamkeit."

In der körperlichen Nähe scheitert die Liebe, einerseits wirft sie einen auf sich selbst zurück, andererseits erfährt man die Unmöglichkeit, den Anderen zu erreichen (wenn man es überhaupt will). Die sexuelle Lust ist immer selbstbezogen. Was von der sexuellen Begegnung bleibt, ist die Einsamkeit gegeneinander.



Schmitt, Eric-Emmanuel: Enigma. Lengwil: Libelle, 1997