"Die einzige Art Neugier, die die Mühe lohnt, mit einiger Hartnäckigkeit betrieben zu werden: nicht diejenige, die sich anzueignen sucht, was zu erkennen ist, sondern die, die es gestattet, sich von sich selber zu lösen. Was sollte die Hartnäckigkeit des Wissens taugen, wenn sie nur den Erwerb von Erkenntnissen brächte und nicht in gewisser Weise und so weit wie möglich das Irregehen dessen, der erkennt? Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und anders wahrnehmen kann, als man sieht, zum Weiterschauen und Weiterdenken unentbehrlich ist."
Michel Foucault, Sexualität und Wahrheit 2. Der Gebrauch der Lüste, 15

Man spricht von der Neugier, die Lücken schließen, sich Fremdes verständlch machen will, aber sie verdient diesen Namen nicht, denn sie will nur das Vertraute bestätigen und ausdehnen; sie bleibt in den Bahnen der Gewohnheit gefangen. Anders ist es mit der Neugier, die einen auf unbekannte Wege lockt, auf Wege, die abwegig sind, die einen herausfordern, über gewohnte Grenzen zu gehen. Eine solche Neugier geht fern vom Vertrauten Wagnisse ein.



Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit. Bd 2. Der Gebrauch der Lüste. Frankfurt am Main: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch wissenschaft), 1986